von Eric » 05.03.2017
Ich vermute, ich war schon als Kind neidisch auf die anderen Kinder, die für mich irgendwie lustiger, freier, unkontrollierter auftraten. Da, wo die anderen frech waren, laut waren, tobten, Kissenschlacht machten, gemeinsam körperlich sich tollten und berührten, war ich gehemmt, brav und schaute nur zu. Hätte wohl gerne mitgemacht, aber irgendwie hab ich da eine Art von Verbot nicht missachten können.
Mit der Pubertät entwickelte sich eine Vorliebe für Windeln und mich begleitete der Verdruss, dass z.b. die Cousine immer auch Strumpfhosen tragen durfte, wo ich noch nicht einmal in der kalten Jahreszeit eine geschenkt bekommen habe. Diese Fetische erfüllten, alleinig nur als Objekt, ihre Funktion, bis zum Alter von vielleicht 25.
Damals ("Hilfe, ich muss erwachsen werden", "Wo komme ich her, wo gehe ich hin?") rückte die Sehnsucht nach einer allgemein beschützen, wie auch die nach meiner eigenen, eher von Mangel gekennzeichneten und "verlorenen" Kindheit, verstärkt in mein Bewusstsein. Ich begann, mir quasi ein Kindheitsmodell zusammenzubauen. Wichtiges Versatzstück bildete z.B. meine geliebte Lederhose, von der ich mich als sechsjähriger, neben Heimatort und Vater, verabschieden musste. Das Tragen der kurzen Lederhose (ein Fundstück auf einem Berliner Flohmarkt) über der dicken wollenen Strumpfhose, dazu ein gestrickter Pullover, drunter vielleicht eine Windel oder ein altmodisches, im Rücken knöpfbares Leibchen, verband ich mit geschützter, ungezwungener (wie auch keuscher) Kindheit - Kleidung so restriktiv wie zärtlich. Das Kleinsein, mein LittleSpace, wurde als Raum errichtet, gewann Bedeutung und entfaltete seine eigene Magie. Die Fetische treten in ihm mehr als Staffage auf. Vielleicht ist er eher ein Raum des Mangels (Einsamkeit, Keuschheit, Demütigung) - und doch beherbergt er meine Bedürfnisse nach Schutz, Zärtlichkeit und Liebe.
Neu ist für mich, dass (vielleicht auch Kraft dieses Forums, zu sehen: ich bin nicht allein) ich mir selber in meinem Littlespace mit mehr Güte, oder Nachsicht, oder Zärlichkeit begegne, dass ich nicht mehr so streng über mich urteile, wenn ich meine Bedürfnisse auf eben diesen Um?wegen zu befriedigen suche - und dass ich die Erfahrung gemacht habe, dass so ein Kleinsein-Raum sich verändern kann - und dass ich neugierig bin, was für neue Räume sich noch auftun mögen.
Ach, da fällt mir noch folgendes ein:
wie alt mag ich gewesen sein? 12?, 13? 14? - dass ich mich nicht ins Bett legte sondern davor, mich auf den blanken, harten Boden legte, auf die "nackte Erde" quasi (und es vielleicht einem Helden in einem Film oder Buch gleichtun wollte), und ein Gefühls-, Bewusstseins-, Erlebenszustand von Ausgesetztheit oder Unbehaustheit suchte - oder aufsuchte, zu leben suchte; ein sehr früher LittleSpace.