Neue Doku über Ageplay

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linus
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Neue Doku über Ageplay

von linus » 03.05.2019

hallo liebe Kuddelmuddels,


es gibt mal wieder einen neuen Beitrag über Ageplay. Dieser hier ist vom Stern/Neon produziert.
https://www.stern.de/neon/herz/liebe-se ... 93026.html

Hat den schon jemand gesehen; was haltet ihr davon?

Viele Grüße
Linus
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Luci » 04.05.2019

Huhu,
Ich hab es gestern gesehen und war generell eher positiv dem gegenüber gestimmt. Ich hab schon einige Reportagen zu dem Thema gesehen die bei mir deutlich mehr das cringe Gefühl ausgelöst haben. Hier fand ich viele Aspekte wieso die beiden Ageplay mögen ganz gut erklärt, wobei es mich etwas gestört hat dass "Daddy" so fixiert darauf war, dass es für ihn vollkommen unsexuell ist.
Was die Therapeutin gesagt hat fand ich auch ganz gut, eben dass es gar nicht so absurd und unnormal ist, wie es auf den ersten Blick scheint.
Nur das Fazit hätte ich gern etwas positiver gehabt ^^
Aber ja, ansonsten war es besser als erwartet.

LG von Luci
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Thias
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Thias » 04.05.2019

Danke für den Hinweis - sonst wäre das natürlich an mir vorbei gegangen. Ich hab auch noch nicht viele Reportagen über Ageplay gesehen oder gelesen, insofern fehlt mir da etwas der Vergleich.

Ich denke aber schon, dass das im Großen und Ganzen ein ganz gelungener erster Eindruck war. Die Moderatorin hat sich doch ziemlich einfühlsam und respektvoll dem Thema genähert und dass sie später sogar Little vorgelesen und sich geduldig die Hand mit Glitter verzieren lassen hat, fand ich wirklich positiv, das zeugt nicht gerade von Berührungsangst.

Andererseits gefiel mir nicht, wie arg sie den sexuellen Aspekt forciert hat - man kann das Thema ja anschneiden, aber wenn dann erst keine Antwort kommt immer weiter zu fragen, finde ich etwas zu aufdringlich: Hast du Sex mit Daddy? Wie ist das mit deinem Pinguin, wenn du wuschig bist? Hast du als Erwachsene auch Sex mit anderen Männern? Hast du mit denen dann so ne BDSM-Beziehung? etc. An der Stelle habe ich mich jedenfalls gefragt, wie viele Zuschauer reguläres BDSM kennen und nonchalant normal finden, aber Ageplay nicht ^^.

Das ist auch mein größter Kritikpunkt daran: Die fehlende Einordnung. Was hier gezeigt wurde - also DDGL oder CG/L ist ja nur ein Aspekt des ABDL und zumindest die Sexualtherapeutin hätte das ruhig noch mehr erklären können. Ist zwar nett, dass sie dem Ganzen mit ihrem "Go for it" quasi als Autorität den Segen verliehen hat, aber wer Ageplay gar nicht kennt, könnte auf den Gedanken kommen, dass da ausschließlich seltsame ältere Männer nach verletzlichen jungen Frauen suchen. Das mag auch der Grund sein, warum Daddy so sehr darauf bestanden hat, dass er keine sexuellen Empfindungen dabei habe - die Grenze hin zum Veruchten ist halt doch schmal.

Hier hätte eine einordnende Erklärung der Sexualtherapeutin über die Spielarten menschlicher Sexualität und ihre Facetten vielleicht gut getan. Auch der Hinweis, dass es eben auch viele männliche, trans- oder queer Littles gibt, hätte dem Eindruck, dass sich beim Ageplay nur komische Männer unbedarfte Frauen suchen entgegengewirkt. Ich will nicht wegdiskutieren, dass es das Problem gibt und sich den Foren seltsame Typen rumtreiben, aber den Tipp, dass eine Vertrauensperson Bescheid weiß, dass und wo man sich mit einem Online-Date trifft, sollte man immer beherzigen und eben nicht nur als Frau im Ageplay-Bereich. An der Stelle sei auf die sehr guten SMJG Sicherheitstipps verwiesen und nutzt ggfs. auch die Coververmittlung.

Viele Grüße und noch ein schönes Wochenende
Thias
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Collins » 04.05.2019

Hi,
danke für den Tipp. Ich fand die Doku interessant und vor allem recht objektiv. Die zwei kommen recht "normal" rüber und die Reporterin scheint sich auch auf das Thema eingelassen zu haben.
Ich habe mich dabei gefragt, wie viele Leute gibt es im ABDL-Bereich, also mit allen möglichen Ausprägungen, etc. Habt ihr da eine Idee?

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Re: Neue Doku über Ageplay

von ByeBye » 04.05.2019

Vielen Dank für das Video, ein paar Assoziationen und spontane Gedanken dazu.

Es ist keine Fehlwahrnehmung, dass CG/LG in den letzten Jahren deutlich sichtbarer geworden ist (verstanden hier als eine explizit nicht sexuelle Variante). Die alte Frage, ob es das früher auch gab -- lassen wir das.
Konzentrieren wir uns auf das Interessante (Zitat nach: https://www.stern.de/neon/herz/liebe-se ... 93026.html): "Rollenspiele haben für mich nie funktioniert. ´ Ich wusste nicht, dass es den Littlespace gibt". Später führt er aus, dass ihn das Emotionale interessiert. "Das hat sonst immer etwas vorgespieltes." Ageplay ist hier so etwas wie Musik, Stimmungen, ein Besuch in einem guten Club. *Immersiv* soll es sein, nicht bloß gespielt. Es geht um das Eintauchen in eine bewusst geschaffene Atmosphäre, um eine Beziehung, die nicht in den Beziehungspartnern aufgeht, sondern als solche eine eigene Qualität hat, die beiden Leute da eben reinzieht; Ageplay, das ist nicht das, was die Partner machen, das ist die Beziehung. Und sie wirkt magnentisch: Das Kamerateam wird eingebaut, weil es nur innerhalb dieser Beziehung einen Sinn ergibt, dass sie da sind. Soweit so gut.

"Es ist kein Fetisch, sondern etwas emotionales", sagt der Gesprächspartner.

Was ist das für eine Trennung? Ist Sexualität nicht emotional? Das Knistern der Windel nicht auch -- jetzt nicht als bloßer Erregungsmoment: spannend? Ich verstehe, dass es den Wunsch gibt den angenommen Blick zu belehren und zu sagen: Bitte nicht missverstehen, es geht hier nicht bloß um ein Ding. Aber zwei Punkte dazu: 1/ Dem Fetischisten geht es auch nie um ein Ding, *weil das Ding eben randvoll mit Bedeutung aufgeladen ist*. 2/ Mich ärgern schon einige Aussagen der Daddyperson. Ihm sei wichtig, "dass es nicht als schmutzig wahrgenommen wird" oder "pervers". Lassen wir ihm mal seine Selbstzuschreibung (auch wenn ich auch daran so einiges zu deuten hätte, aber das wären letztlich Unterstellungen) außen vor. Warum kann er diese Position nicht ohne diese Abgrenzung vornehmen? Was ist bitte "schmutzig" an Sexualität? Mich ärgert das schon deshalb, weil so eine Aussage an einer gesellschaftlichen Erzählung partizipiert, die letztlich sagt: "Alles normal, ist nichts sexuelles, nur eine Vielfalt der Beziehungen." Was, wenn es sexuell wäre? Dann wäre es "schmutzig"? Das ist so eine erkaufte Anerkennung um den Preis der Abwertung der Anderen (die im Übrigen für die Littleperson so auch nicht stimmt, sondern nur für ihn, als wäre es unvereinbar, das Sexuelle und Emotionale zusammenzudenken). "Ich bin polymorph-pervers und habe dazu noch Lust an Unlust/Lust-Spannungszuständen", wäre doch eine viel bessere Aussage als dieses schrebergärtnerische "Das ist schmutzig!".

Was ich noch interessant fand: (auch etwas in Anlehnung an deinen, Thias, Beitrag) Little spricht davon, dass sie am Anfang auf so "komische Videos" von Männern, die Baby gespielt hätten, "gestoßen ist und das dann ganz schnell zugemacht hat." Kann ich verstehen, denke ich da sofort. Es gibt ja wirklich viele Videos die irritieren, vielleicht meinte sie solche, auf denen das "ich bin little" weniger verspielt als ziemlich derb aufgeführt führt; wer weiß. Aber sie stößt hier noch auf einen anderen Punkt. Es gibt DD/LG, CG/LG: Was es (kaum/nicht) gibt, ist CG/LB. Warum ist das so? Nehmen wir mal an, das hat einen Grund, nur um zu schauen, wie weit das führt: Offensichtlich sind dann die Beziehungspartner nicht einfach jeweils geschlechtlich kodiert (so wie in den Ausdrücken "Hetero/Homo"), sondern die Beziehungsdynamik selbst. Das little ist (immer/normalerweise) eine Frau, die zum Mädchen wird. Wohl eines der häufigsten Motive in den Darstellungen sind Prinzessinnen. Als Mann, der vor solchen Darstellungen steht und sich da reindenken kann, aber feststellt, dass er sich da als Mann bloß fehl am Platze fühlt -- so, wie die Reaktion Littles auf die eingangs erwähnten Videos, ärgert mich das wiederum. Lassen wir mal die These wegefallen, dass es irgendetwas hardkodiertes darin gibt, das auf diese dermaßen vergeschlechtlichte Dimension angewiesen ist. Es gibt auch Darstellungen von Typen, die weniger brachial vorgehen, spielerischer; aber vielleicht liegt eine Schwierigkeit (die ich als Mann bedenke und nicht aus irgendeinem jedes Machtverhältnis ignoriendem männerrechtlichen Interesse) darin, dass es für Männer eben 1/ schwieriger ist, sich einer Beziehung aufgehoben zu fühlen, in dem Sinn, dass dort für Männer häufiger ein Kontrollwunsch existiert, 2/ zumindest in meinem Bekanntenkreis für viele Frauen* die Reise zu einer für sie als angenehm erfahrbaren Sexualität ziemlich lang war/ist, wohingegen Männern unterstellt wird, dass sie schon wissen, was sie wollen; das bringt eine Art Spielkompetenz oder vielleicht weniger neologistisch: Erfahrungsoffenheit, mit. 3/ Frauen* eher zugestanden wird, sich überhaupt mit Infantilem auseinanderzusetzen, sie, vermeintlich "natürlich", der Sphäre des Kindlichen näher stehen als Männer, deren (hegemoniale) Geschlechtsidentität stark in Abgrenzung gerade zum Kindlichen verstanden wird: "sei nicht so kindisch", die in ihrem Zum-Mann-Werden häufig Erfahrungen machen, dafür gescholten oder anders gesellschaftlich sanktioniert worden zu sein, irgendwie zu infantil zu sein, 4/ als Nebenaspekt von (3), der aber wichtig genug ist, einen eigenen Ordnungspunkt darzustellen: Auch wenn es nichts mit Pädophilie zu tun hat, wenn Erwachsene sich im Spiel infantil begegnen, bleibt doch das Problem, dass ihnen ständig unterstellt wird, Interesse an Kindlichem könne doch nur pädophil motiviert sein; konkret: das flaue Gefühl, wenn man auf einer Parkbank sitzt und plötzlich Kinder auf dem zuvor verwaisten Spielplatz gegenüber unterwegs sind und die, meistens: Mütter, einen dann schräg anschauen, kennen wohl die meisten Typen, irgendwann steht man dann eben auf und es ist vergessen, ich will diesen Moment nicht überhöhen, aber es ist doch eine Irritation, die da bleibt. Ich wünschte ja, jemand würde mal 1/ so etwas wie "queering ageplay" schreiben oder noch besser, 2/ das ganze aus einer Perspektive kritischer Männlichkeit betrachten (meine These wäre ja, dass es das auch für mich als Mann eine lustvoll besetzbare LG-äquivalente Position gibt, aber interessant wäre eben gerade die Explizierung dessen, was dem entgegensteht). Leider gibt es da aber nichts (für Hinweise wäre ich dankbar, gerade im US-Raum müsste es da was geben, denke ich immer und finde dann doch nichts).

Ich fände das auch deshalb interessant, weil es ja schon aus einer Art feministischen Perspektive irgendwie schräg ist, dass hier im CG/LG-Spiel sehr stark mit dem "das Feminine ist kindlich, schwach, auf männliche Anleitung angewiesen" gespielt wird -- ich meine das hier noch gar nicht als Wertung, sondern erst als Beschreibung, gerade daher wäre mal eine queertheoretische Untersuchung dieser Beziehungsdynamik (oder besser: deren kultureller Ausdrücke) spannend.

(Zumindest das, was ich sonst so mitbekomme, lässt das, was ich oben implizit behaupte, in meinen Augen plausibel erscheinen: Dass das im Video eine gute Darstellung einer tatsächlich so oder so ähnlich verbreiteten Beziehungsdynamik ist, dass das also "CG/LG" sicher nicht umfassend erschöpft, aber einen guten Eindruck davon gibt)
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Thias
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Thias » 04.05.2019

Ich fürchte, das führt jetzt schon wieder ganz weit Off-topic, aber ByeBye hat einfach immer so interessante Fragen, Denkanstöße, Ideen und Sichtweisen, dass ich da nicht nicht drauf eingehen kann:
Was ist bitte "schmutzig" an Sexualität? Mich ärgert das schon deshalb, weil so eine Aussage an einer gesellschaftlichen Erzählung partizipiert, die letztlich sagt: "Alles normal, ist nichts sexuelles, nur eine Vielfalt der Beziehungen." Was, wenn es sexuell wäre? Dann wäre es "schmutzig"?
Je nach Wertesystem der beurteilenden Person schon, denn du musst hier zwischen dem Konsequentialismus, der Tugendethik und der deontologischen Ethik unterscheiden. Letztere beurteilt die Handlung selbst intrinsisch als verboten, gestattet oder sogar erforderlich, während sich die Tugendethik auf die Motivation des Handelnden und der Konsequentialismus auf die Folgen der Handlung konzentrieren.

Wenn die Sexualtherapeutin also sinngemäß sagt, solange beide damit glücklich sind und niemand dabei zu Schaden kommt, dann „Go for it“, ist das eine rein konsequentialistische Beurteilung. Diese Ansicht wirst du sehr häufig in der BDSM-Szene finden, denn ein stark dogmatisch deontologischer Ansatz ist mit vielen Praktiken schlicht inkompatibel. Trotzdem zeigt ja allein der Begriff des Edge-Play, dass es durchaus Praktiken gibt, die von vielen BDSMler*innen als grenzwertig eingestuft werden und möglicherweise pauschal abzulehnen sind. Debatten zwischen den SSC (safe, sane, consensual) und RACK (risk-aware consensual kink) Fraktionen sind deshalb für mich immer ganz unterhaltsam.

Aber zurück zu deiner Frage: Wer von den Zuschauer*innen jetzt ganz stark religiös-konservativ deontologisch geprägt ist, für den ist Sexualität sowieso schmutzig, da gilt dann nur: Brav hetero, bestimmt nicht zum Spaß, nur so oft wie man Kinder möchte und definitiv auch nur dann, wenn man verheiratet ist, ansonsten sind Jungfräulichkeit und Keuschheit das höchste Gebot – aber die werden sich das wohl kaum angeschaut haben.

So vom redaktionellen Profil des Stern her würde ich aber vermuten, dass es eine größere Zuschauergruppe gibt, die eine starke Tugendethik-Prägung haben und sich deshalb bei ihrem Urteil auf die Motivation der Handelnden konzentrieren. Die Motivation von Little, nämlich wieder unschuldig, geborgen und bedingungslos geliebt zu sein, ist da noch relativ unproblematisch – im religiösen Kontext wäre das die Rückkehr ins Paradies.

Wenn man sich die Motivation von Daddy anschaut, macht die Frage nach Sexualität einen großen Unterschied: Ist sexueller Lustgewinn für ihn selbst Bestandteil der Motivation, wäre das egoistisch hedonistisch. Steht dagegen was Umsorgen und Helfen im Vordergrund, ist das zwar auch egoistisch (wie die Therapeutin im Beitrag richtig anmerkt, geht es um die eigene Aufwertung), aber es wäre im Sinne der Tugendethik nach Aristoteles tugendhaftes Verhalten. Selbst Immanuel Kant, eigentlich Vertreter der deontologischen Ethik, akzeptiert Glückseligkeit als höchstes Gut, solange wir sie für die Anderen anstreben, während im persönlichen Verhalten Sittlichkeit das höchste Gebot ist.

Deswegen hatte ich mich im ersten Beitrag so darüber beschwert, dass die Moderatorin das sexuelle Empfinden in den Fragen immer wieder forciert hat – wohlwissend, dass das für viele Zuschauer*innen den Unterschied zwischen Akzeptanz und Ablehnung ausmachen wird. Selbst Little, obwohl selbst ja anscheinend nicht asexuell, unterscheidet klar zwischen den vielen schlechten Daddys, die nur selbst Sex wollten und dem liebem Papi, der sich endlich sittlich einwandfrei einfach nur um sie kümmert.

Insofern hat es mich auch gestört, dass das ernste Thema sexueller Missbrauch da so unkritisch eingeworfen wurde – man konnte fast den Eindruck haben, dass die Moderatorin geradezu erleichtert war, dass man ihr endlich einen gewichtigen Grund für eine Verhaltensweise anbieten konnte, die ihre bisherige Vorstellungskraft gesprengt hat. Ziemlich blöd, dass ihr Little dann nicht den Gefallen getan hat, von einem schwer zerrütteten Verhältnis zu ihrem biologischen Vater zu berichten – ein überzeugtes Nein klingt freilich auch anders. Das Thema sexueller Missbrauch und ABDL ist jedenfalls bei Weitem nicht so eindimensional, wie es im Beitrag dargestellt wird. (Ich hab dazu einen Beitrag von Bitter Grey / Understanding Infantilism verlinkt - auch der Rest der Seite ist sehr lesenwert)
3/ Frauen* eher zugestanden wird, sich überhaupt mit Infantilem auseinanderzusetzen, sie, vermeintlich "natürlich", der Sphäre des Kindlichen näher stehen als Männer, deren (hegemoniale) Geschlechtsidentität stark in Abgrenzung gerade zum Kindlichen verstanden wird: "sei nicht so kindisch", die in ihrem Zum-Mann-Werden häufig Erfahrungen machen, dafür gescholten oder anders gesellschaftlich sanktioniert worden zu sein, irgendwie zu infantil zu sein
Das ist kurios, denn das ist in meiner Wahrnehmung genau andersherum. Da gibt es das sprichwörtliche Kind im Manne, den Spieltrieb und das Daddeln, aus dem man nie wirklich heraus wächst. Nicht umsonst gibt es den Cartoon, in dem ein kleiner Junge zu einem Feuerwehrmann sagt: „Wenn ich erwachsen bin, will ich auch Feuerwehrmann werden!“ und der Feuerwehrmann ihm antwortet: „Sorry, Kleiner, aber beides zusammen geht nun wirklich nicht“.

Zwei eigene Beispiele: Mein Cousin hat gerade einen dreijährigen Jungen und bei der letzten Familienfeier haben am Ende Opa, Onkel, Papa und ich begeistert Duplo gebaut, während der Kleine längst schon wieder bei Mama auf dem Schoß saß.

Ein anderes Mal habe ich für unseren Verein ein neues Gruppenfoto gemacht und weil wir zu viele waren, vorgeschlagen, dass wir die Gruppe auf dem Klettergerüst eines benachbarten Spielplatzes fotografieren könnten. Du hättest mal das Strahlen in den Augen der Jungs (also der erwachsenen Männer) sehen sollen, als sie ganz offiziell den Freibrief dafür hatten, endlich mal wieder auf dem Spielplatz auf einem Klettergerüst herum zu klettern. Fürs Bild hätte es gereicht, sich im unteren Bereich zu verteilen, aber schneller als ich gucken konnte, waren die Ersten schon ganz oben ;-)
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Re: Neue Doku über Ageplay

von thomas431 » 05.05.2019

Hallo,
Das ist auch mein größter Kritikpunkt daran: Die fehlende Einordnung. Was hier gezeigt wurde - also DDGL oder CG/L ist ja nur ein Aspekt des ABDL und zumindest die Sexualtherapeutin hätte das ruhig noch mehr erklären können. Ist zwar nett, dass sie dem Ganzen mit ihrem "Go for it" quasi als Autorität den Segen verliehen hat, aber wer Ageplay gar nicht kennt, könnte auf den Gedanken kommen, dass da ausschließlich seltsame ältere Männer nach verletzlichen jungen Frauen suchen. Das mag auch der Grund sein, warum Daddy so sehr darauf bestanden hat, dass er keine sexuellen Empfindungen dabei habe - die Grenze hin zum Veruchten ist halt doch schmal.
Aus unserer Sicht ist die fehlende Einordnung sicherlich schade. Allerdings muss man bei einer solche Reportage berücksichtigen, daß die Zielgruppe keine zu komplizierte Doku möchte, sondern eine nette Geschichte, die sie unterhält. Vor allem wäre es aus meiner Sicht auch schwierig, die komplette Community darzustellen und gleichzeitig eine Geschichte über ein Paar zu erzählen, was in einem speziellen Segment des Ageplay unterwegs ist. Zumal die Zeit ja auch sehr begrenzt ist.
Daher finde ich Deine Kritik zwar berechtigt, aber glaube, dass es nicht so einfach möglich ist, eine ausführliche Einordnung darzustellen, zumal es für das Publikum auch nicht relevant ist.
Wenn die beiden den ganzen Tag begleitet wurden, ist ja auch jede Menge Video- und Ton-Material entstanden. Da wird vielleicht sogar über die Einordnung gesprochen worden sein. Und die Redakteurin war ja auch vorbereitet und konnte das sicherlich einordnen. Aber wenn das dann auf 20 Min. zusammengeschnitten wird, muss man eben auswählen und sich auf einige wenige Aspekte konzentrieren.
Mich ärgern schon einige Aussagen der Daddyperson. Ihm sei wichtig, "dass es nicht als schmutzig wahrgenommen wird" oder "pervers". Lassen wir ihm mal seine Selbstzuschreibung (auch wenn ich auch daran so einiges zu deuten hätte, aber das wären letztlich Unterstellungen) außen vor. Warum kann er diese Position nicht ohne diese Abgrenzung vornehmen? Was ist bitte "schmutzig" an Sexualität?
Aus meiner Sicht interpretierst Du hier zuviel hinein. Er hat nicth gesagt, daß Sexualität schmutzig ist oder pervers. Er hat gesagt, daß er nicht möchte, daß es von außen so wahrgenommen wird. Und ich glaube, die meisten hier werden zustimmen, daß das Thema von außenstehenden schon als schmutzig bezeichnet wird. Die fehlende Abgrenzung ist aus meiner Sicht auch hineininterpretiert, da er nur sagt, daß es für ihn selbst keine Sexualität ist. Da er aber das little mit dem Pinguin unterstützt, kann er das sowieso nicht als schmutzig empfinden, sonst hätter ein ein Problem mit seinem Little.

Ansonsten finde ich Deine Ausführungen und Interpretationen sehr interessant. Allerdings wird bei so einer Reportage ja sehr viel Bild- und Tonmaterial produziert, was später von der Redakteurin in Ausschnitten zusammengestellt und passend zusammengeschnitten wird. Für die Zielgruppe, nicht für die Darsteller oder in diesem Fall für unsere Community.
Deswegen fehlt in den Aussagen der Protagonisten natürlich immer das, was vorher oder nachher gesagt wurde. Und die Auswahl, was relevant ist und was nicht oder wie etwas eingeordnet wird, trifft die Redakteurin, die andere Schwerpunkte setzt als jemand, der wirklich im Thema steckt.
Deswegen hatte ich mich im ersten Beitrag so darüber beschwert, dass die Moderatorin das sexuelle Empfinden in den Fragen immer wieder forciert hat – wohlwissend, dass das für viele Zuschauer*innen den Unterschied zwischen Akzeptanz und Ablehnung ausmachen wird. Selbst Little, obwohl selbst ja anscheinend nicht asexuell, unterscheidet klar zwischen den vielen schlechten Daddys, die nur selbst Sex wollten und dem liebem Papi, der sich endlich sittlich einwandfrei einfach nur um sie kümmert.
Ich finde, daß Du hier sehr gut auf einen wichtigen Aspekt des littlespace eingehtst. Es geht aus meiner Sicht bei der Versorgung von littles nicht darum, ob man Sex hat oder nicht. Sondern es geht bei der Versorgung darum, daß die Bedürfnisse des Littles im Mittelpunkt stehen und nicht die des Daddys.
Und deswegen scheint es hier ganz gut zu passen, weil "little" zwar sexuell erregt wird, aber nicht sexuell begehrt werden möchte.

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Re: Neue Doku über Ageplay

von Thias » 05.05.2019

Aus unserer Sicht ist die fehlende Einordnung sicherlich schade. Allerdings muss man bei einer solche Reportage berücksichtigen, daß die Zielgruppe keine zu komplizierte Doku möchte, sondern eine nette Geschichte, die sie unterhält. Vor allem wäre es aus meiner Sicht auch schwierig, die komplette Community darzustellen und gleichzeitig eine Geschichte über ein Paar zu erzählen, was in einem speziellen Segment des Ageplay unterwegs ist. Zumal die Zeit ja auch sehr begrenzt ist. [...]
Daher finde ich Deine Kritik zwar berechtigt, aber glaube, dass es nicht so einfach möglich ist, eine ausführliche Einordnung darzustellen, zumal es für das Publikum auch nicht relevant ist
Gut, das stimmt natürlich. Wenn allen Beteiligten stets klar war, dass es vordergründig um Unterhaltung statt um Aufklärung und Information geht und die Einwilligung auf dieser Basis erfolgt ist, dann "Go for it", wie jemand aus dem Film sagen würde ;-)

Ich kann nur für mich selbst sprechen und ich hätte mich so oder so ungern bei meinem "Hobby" vor der Kamera gezeigt, denn zumindest wer die Personen gut kennt, wird sie möglicherweise auch ohne gezeigte Gesichter wiedererkennen. Aber wenn ich mich überhaupt derart intim gezeigt hätte, dann eben nur für eine Doku und nicht zur Unterhaltung, um primär Voyeurismus beim Publikum zu befriedigen. Ist zwar schon etwas länger her, dass ich das gesehen habe, aber ich fand damals, dass Manuel Möglich bei seinen Sendungen von "Wild Germany" meistens einen guten Ton getroffen hat und langweilig war das trotzdem nicht.

Bei Einordnung habe ich auch nicht an eine komplette Vorlesung in Sachen Sexualpsychologie gedacht oder einen Glossar für alle gebräuchlichen Abkürzungen, sondern eben an ein paar der Kernpunkte, die im ABDL Primer von Bitter Grey schön zusammengestellt sind. Das hätte prima anstelle des Monologs der Redakteurin im Auto oder die Diskussion gepasst, ab wann jetzt ein Fetisch wirklich ein Fetisch ist. Aber du hast natürlich recht - andere kritisieren ist immer einfacher als als selbst besser zu machen und wir sind uns ja einig, dass auch viel richtig gemacht wurde.
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Re: Neue Doku über Ageplay

von baerschen » 05.05.2019

Huhu,

also für mich persönlich hat sich vor allem die Frage gestellt: „Wenn ich jetzt ein Muggel wäre, was würde ich von der Reportage mitnehmen?“ Und wenn ich mich in die Muggel-Person versetze, wäre das wie... naja, ich hätte nach dem Gucken wohl größere Fragezeichen in den Augen als vorher, und mein Bierdurst würde steigen, wie bei der Reporterin.

Als ich vor wenigen Jahren in der Szene Leute kennengelernt habe (vorher war ich lange nicht aktiv und hatte nur wenige „Szene“-Bekannte), war der für mich wichtigste Eindruck: Die Leute sind ja alle ganz normal! Ich würde mir wünschen, dass die Öffentlichkeit uns genau so, wie wir eben sind, als „normal mit kleinem Spleen“, wahrnehmen würde. Andererseits verstehe ich, dass Normalität nicht leicht eine gute Story für eine Reportage abgibt. Der Konflikt lässt sich wohl nur sehr schwer auflösen.

Fazit: Als Reportage nett, aber sie zeigt nur einen Teilaspekt und gibt eigentlich ziemlich das Gegenteil von dem wieder, was mir in Bezug auf die Öffentlichkeit wichtig ist.

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Re: Neue Doku über Ageplay

von Freches Mädel » 05.05.2019

Aus unserer Sicht ist die fehlende Einordnung sicherlich schade. Allerdings muss man bei einer solche Reportage berücksichtigen, daß die Zielgruppe keine zu komplizierte Doku möchte, sondern eine nette Geschichte, die sie unterhält. Vor allem wäre es aus meiner Sicht auch schwierig, die komplette Community darzustellen und gleichzeitig eine Geschichte über ein Paar zu erzählen, was in einem speziellen Segment des Ageplay unterwegs ist. Zumal die Zeit ja auch sehr begrenzt ist.
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Ich hab die Doku nicht gesehen, aber ich muss sagen, mich stört in jeglichen TV Dokus die Oberflächlichkeit. Wenn ich mir eine Doku über Menschen anschaue, möchte ich keine "nette Geschichte", sondern Authentizität und Tiefgang.

Aus meiner Sicht interpretierst Du hier zuviel hinein. Er hat nicth gesagt, daß Sexualität schmutzig ist oder pervers. Er hat gesagt, daß er nicht möchte, daß es von außen so wahrgenommen wird. Und ich glaube, die meisten hier werden zustimmen, daß das Thema von außenstehenden schon als schmutzig bezeichnet wird.
Ist es für "uns" Ageplayer von Bedeutung, was Außenstehende, die lieber voller Vorurteile bleiben anstatt sich ein Bild von uns als Menschen zu machen, es als "schmutzig" empfinden, wenn Sexualität im Ageplay (ob nun M/f, F/m, F/f oder M/m....) stattfindet?
Also mir ist das mittlerweile ziemlich egal.

Abgesehen davon gibt es natürlich leider auch Personen, die ihre Überlegenheit ausnutzen, aber die gibt es ja überall.
Aus einem Garfield Comic Strip:

im TV: "Es gibt auch Katzen, die apportieren."
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Freches Mädel » 05.05.2019

Wenn man sich die Motivation von Daddy anschaut, macht die Frage nach Sexualität einen großen Unterschied: Ist sexueller Lustgewinn für ihn selbst Bestandteil der Motivation, wäre das egoistisch hedonistisch. Steht dagegen was Umsorgen und Helfen im Vordergrund, ist das zwar auch egoistisch (wie die Therapeutin im Beitrag richtig anmerkt, geht es um die eigene Aufwertung), aber es wäre im Sinne der Tugendethik nach Aristoteles tugendhaftes Verhalten. Selbst Immanuel Kant, eigentlich Vertreter der deontologischen Ethik, akzeptiert Glückseligkeit als höchstes Gut, solange wir sie für die Anderen anstreben, während im persönlichen Verhalten Sittlichkeit das höchste Gebot ist.
Wieso ist es auch egoistisch, wenn das Umsorgen und Helfen im Vordergrund steht? Das versteh ich jetzt nicht.
Aus einem Garfield Comic Strip:

im TV: "Es gibt auch Katzen, die apportieren."
Garfield schaut und überlegt....
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Re: Neue Doku über Ageplay

von thomas431 » 06.05.2019

Wieso ist es auch egoistisch, wenn das Umsorgen und Helfen im Vordergrund steht? Das versteh ich jetzt nicht.
Das wird im Video von der Sexual-Therapeutin erklärt:
Indem man anderen hilft, erhöht man sich selbst und deswegen macht man es eigentlich für sich.

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Re: Neue Doku über Ageplay

von Thias » 06.05.2019

Wieso ist es auch egoistisch, wenn das Umsorgen und Helfen im Vordergrund steht? Das versteh ich jetzt nicht.
Das wird im Video von der Sexual-Therapeutin erklärt: Indem man anderen hilft, erhöht man sich selbst und deswegen macht man es eigentlich für sich.
Ich glaube, es wäre an dieser Stelle noch wichtig zu betonen, dass ich mich da auf den ethischen Egoismus bezogen habe - in dem ganzen Beitrag ging es ja um die ethische Beurteilung von Handlungen. Das ist also gar nicht wertend gemeint, sondern beschreibt nur, dass das Haupthandlungsmotiv im persönlichen Interesse der handelnden Person liegt. Egoismus im ethischen Sinne ist also der Gegenpol zum Utilitarismus, wo nicht der persönliche Eigennutz, sondern der Gesamtnutzen im Vordergrund steht.

Wenn du also einen Apfel pflückst und isst, weil du hungrig bist, dann ist das eine rein egoistische Handlung, weil es dir nur um deinen eigenen Hunger geht.

Die moralische Wertung, ob das jetzt richtig oder falsch ist, hat damit erst mal gar nichts zu tun und variiert eben mit der bevorzugten Ethik: Ayn Rand hätte gesagt , dass das jederzeit legitim ist. John Stuart Mill hätte zumindest mal gefragt, ob du den Apfel nicht mit jemand hättest teilen können oder gefordert, danach die Kerne einzupflanzen, damit in ein paar Jahrzehnten ein schöner Apfelbaum für alle da ist.
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Re: Neue Doku über Ageplay

von ByeBye » 06.05.2019

Das ist kurios, denn das ist in meiner Wahrnehmung genau andersherum. Da gibt es das sprichwörtliche Kind im Manne, den Spieltrieb und das Daddeln, aus dem man nie wirklich heraus wächst. Nicht umsonst gibt es den Cartoon, in dem ein kleiner Junge zu einem Feuerwehrmann sagt: „Wenn ich erwachsen bin, will ich auch Feuerwehrmann werden!“ und der Feuerwehrmann ihm antwortet: „Sorry, Kleiner, aber beides zusammen geht nun wirklich nicht“.
Das ist ein guter Punkt. Aber ich glaube, ich wollte auf etwas in diese Richtung hinaus: Es ist doch ein Unterschied, ob es zur Menge an weiblichen Identitäten gehört, kindlich sein zu dürfen oder ob es auch Elemente in männlichen Identitäten gibt, die an kindlichen Praktiken teilhaben. Während das sprichwörtliche "Kind im Manne" eben Teil einer Männlichkeitsvorstellung ist (eben des bastelnden, schaffenden, handwerkenden oder in der BRD des Ingenieurs), ist "Niedlichkeit" etwas, das sowohl bestimmten Weiblichkeitsvorstellungen zugänglich ist wie Kindern. Das sprichwörtliche Kind im Manne bleibt eben Mann, ist als Ausnahme zur sonstigen, sagen wir: Ernsthaftigkeit etwas Besonderes (dir sind ja auch direkt Situationen erinnerlich), während der niedliche Bär auf einem Frauenpulli nicht auffällt, eben Teil der Normalität ist; zudem ist das männlich-kindliche durch einen Beruf vermittelt (ganz anders hingegen: die Prinzessin).

Das ist zugegebenermaßen sehr, sehr holzschnittartig.

Mir fällt auf, dass mich das vor allem interessiert, weil ich vermute, dass etwas dran ist an der auch oben aufgegriffenen Seltsamkeit der Männer (nicht aller, natürlich, die Darstellung in "Forever Young" (Link) z.B. ist eine Ausnahme, die ich noch nicht ganz verstehe, vermute aber, dass es daran liegt, dass die Geschichte gerahmt wird durch die "Mittelschichtsidylle" ), die eben auch im Video oben erwähnt wurde. Warum ist das so? Vielleicht gibt es eben auch einen Teil innerhalb des Windelbegehrens (mal als Ad-Hoc-Gegenbegriff zu ABDLCGLGETC), der letztlich melancholisch ist. Geschlechtsidentität wird immer konfliktiv gebildet, behauptet die Psychoanalyse; irgendwann betrauert der werdende kleine Junge, dass er eben das sein soll -- bloß männlich --, statt sich weiter als jenseits jeder Geschlechtsidentität zu dünken oder als "heute Mädchen, morgen Junge und abends Auto". Und vielleicht ist dieser melancholische Teil in vielen Darstellungen zu brachial, zu männlich "ich will das aber", sozusagen zu depressiv, auf die Kontrolle des begehrten Objekts (sich selbst als jemand anderem) orientiert. Zu sehr darauf orientiert zu leugnen, dass es eben nicht möglich ist 24/7 Windeln zu tragen, von anderen (für diesen Moment) als kleines Kind gesehen zu werden, indem demonstrativ im Gitterbettchen geschlafen wird und das Kleinkind zu sehr gespielt wird als die Unmöglichkeit diese Objekt zu werden einzugestehen und stattdessen die Erfahrungen zu machen, die eben möglich sind, melancholisch um den Rest, der niemals das Begehren einholen wird, bewusst. Das ist unverständlich, oder?

Die Bilder im "Forever Young"-Artikel funktionieren, fällt mir da ein, vielleicht genau deshalb so gut. Sie sind darauf ausgelegt, sich dem Blick des Betrachters zu entziehen. Der Grund dafür ist ganz pragmatisch: Man will nicht erkannt werden. Aber genau durch dieses Nicht-Erkannt-Werden-Wollen entsteht eine Ästhetik trotz sichtbarer Männlichkeit der Abgebildeten, die eben nicht seltsam wirkt, nicht abstoßend, sondern etwas erahnen lässt von dem, sagen wir: Spaß, den sie haben. Im Spiel mit dem Nichtgesehenwerden ist nämlich dann Platz für die Trauer darum, nicht das Objekt sein zu können, das man gerne wäre, seinem Begehren nie ganz gerecht zu werden: "Du siehst mich nicht, aber ich bin auch nicht das, was ich will". Ist das verständlicher? Es ist eine Dynamik, die nicht die Scham als Instanz der Intersubjektivität (dem angenommen Blick des Anderen) aufgegeben hat, also einer Autonomiefiktion anhängt, ihr aber zugleich nicht unterliegt, sondern mit ihr spielt.

(Einwände wie: "Hey, ByeBye, lass das, Du verallgemeinerst nur deine eigene subjektive Eindrücke" gelten nicht :P Was soll ich denn sonst machen? Zumindest diese Frage nach der richtigen Form beschäftigt, so nehme ich die Diskussionen von ADISC über WBC bis KUDDELMUDEL jedenfalls wahr, doch nicht nur mich)
Zuletzt geändert von ByeBye am 06.05.2019, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Pfirsichmeerschweinchen » 06.05.2019

Ich finde an solchen Dokus (nicht an der speziell, sondern an Berichten über Fetische und "schräge" Lebensmodell generell, egal ob ABDL, der Fetisch, wenn Menschen sich in riesige Blaubeeren verwandeln oder Berichte über die Frau mit ihrer sexuellen und Liebesbeziehung zu irgendeinem Airbus) immer die Frage schwierig, was das soll? Also klar, von Seiten der Journalisten soll unterhalten und Quote erzielt werden. Aber was bringt eine solche Berichterstattung mir als einzelnes Individuum und Mitglied einer solchen Szene? Meiner Meinung nach nichts. Ich kann mir nicht vorstellen, jemandem meinen Fetisch (ich bezeichne meine konrekte Form von ABDL hier der Einfachheit halber jetzt mal als Fetisch, weil mir kein besseres Wort für den komplexen Sachverhalt einfällt) näherbringen zu wollen und dafür eine Doku oder einen Bericht zu nutzen. Für mich geht das nur im persönlichen Gespräch. Und mit den Leuten, bei denen es mir wichtig ist, mit denen spreche ich. Und bei den anderen und auch der breiten Masse an Menschen, der Gesellschaft, ist es mir einfach egal. Leute, die nichts damit zu tun haben, werden sich das anschauen, grinsen, peinlich berührt sein, verstört, die Achseln zucken,... und es ändert sich für mich nichts. Ich persönlich brauche kein gesellschaftliches Bewusstsein für Fetische egal welcher Art, meiner Meinung nach ist das eine Privatangelegenheit, die nicht in die Öffentlichkeit muss. Für mich trägt eine Doku, egal ob sie subjektiv gut oder schlecht gemacht ist und egal, ob ich mich selbst ein bisschen repräsentiert fühle oder nur mit dem Kopf schütteln kann, nichts Positives bei (auch nichts Negatives, es ändert sich dadurch für mich einfach nichts). Ich bin aber auch keine Verfechterin von öffentlicher/gesellschaftlicher Akzeptanz. Warum auch? Ob ich gerne Windeln trage, einen Schnuller und 17 Kuscheltiere zum Einschlafen brauche oder meinen Partner als Daddy bezeichne und mich von ihm aus dem Fläschchen füttern lasse, geht die "Gesellschaft" / die Öffentlichkeit so wenig an wie die Farbe meiner Unterwäsche.

Der langen Rede kurzer Sinn: Mir ist es relativ egal, wie "gut" eine solche Berichterstattung ist (ich will nicht abstreiten, dass welche, in denen wir nicht als totale Freaks dargestellt werden, sicher hilfreich ist, wenn man sich outet oder jemand was mitbekommt oder vermutet und dann selbst anfängt zu googlen), weil ich sie einfach für weitgehend überflüssig halte.
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Thias » 06.05.2019

Aber was bringt eine solche Berichterstattung mir als einzelnes Individuum und Mitglied einer solchen Szene? Meiner Meinung nach nichts. [...] Ich bin aber auch keine Verfechterin von öffentlicher/gesellschaftlicher Akzeptanz. Warum auch? Ob ich gerne Windeln trage, einen Schnuller und 17 Kuscheltiere zum Einschlafen brauche oder meinen Partner als Daddy bezeichne und mich von ihm aus dem Fläschchen füttern lasse, geht die "Gesellschaft" / die Öffentlichkeit so wenig an wie die Farbe meiner Unterwäsche.
Das ist ein guter Punkt, den ich prinzipiell so teile, allerdings sagst du das als Mitglied der Szene, zu der du dich selbstbewusst dazurechnest.

Ich wusste sehr sehr lange (genau genommen bis vor so einem Jahr) gar nicht, dass es eine Szene für ABDL in Deutschland gibt und hab die Größe der Szene in den USA weit unterschätzt. Ich arbeite mich so langsam vom Stammtisch zur Freizeit hoch und dass es so etwas wie CAPcon gibt, sprengt immer noch meine Vorstellungskraft.

Trotzdem habe ich meine Vorlieben wie du stets als ich-synton empfunden - ich dachte dabei halt nur, ich wäre ziemlich allein damit und dürfte einfach niemals jemand davon erzählen. Aber hätte ich deswegen mit mir gehadert und Selbstzweifel gehabt, so ähnlich wie lira das vor ein paar Monaten beschrieben hatte, hätte mir eine solche Doku schon etwas gebracht.

Einfach das Gefühl nicht allein zu sein oder auch Wege um mit Gleichgesinnten in Kontakt treten zu können (das Forum, wo die Redakteurin die Beiden angeschrieben hat wird ja im Beitrag genannt und verlinkt) wären da sicherlich nützlich. Bisschen andere Kiste, aber von der SMJG hätte ich beispielsweise sehr sehr gerne schon zu einem Zeitpunkt erfahren, als ich noch jung genug dafür gewesen wäre - zum Glück darf man bei den Ehemaligentreffen auch als Neuer vorbeischauen.

Das SMJG-Motto
"Die Antwort auf Fragen, die mit 'Bin ich eigentlich der einzige,....?" anfangen, lautet grundsätzlich 'Nein' "
kann ich aus heutiger Sicht, nachdem ich doch irgendwann noch Kontakt zu den jeweiligen Szenen bekommen habe, jedenfalls voll und ganz bestätigen.
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Pfirsichmeerschweinchen » 06.05.2019

Das stimmt und ist ein guter Punkt, an den Ich tatsächlich nicht gedacht hatte. Ich bin davon ausgegangen, dass jeder den gleichen Weg geht wie ich und über Google und die ersten Foren und Seiten feststellt, dass er/sie nicht allein ist. Dass es auch anders gehen könnte und man diese Offenbarung, die mir enorm viel gebracht und geholfen hat, auch über eine Doku im Fernsehen oder einer Zeitschrift erfolgen könnte, daran hab ich nicht gedacht. Danke für den Gedangengang!
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Re: Neue Doku über Ageplay

von Freches Mädel » 08.05.2019

Wieso ist es auch egoistisch, wenn das Umsorgen und Helfen im Vordergrund steht? Das versteh ich jetzt nicht.
Das wird im Video von der Sexual-Therapeutin erklärt:
Indem man anderen hilft, erhöht man sich selbst und deswegen macht man es eigentlich für sich.
Wenn ICH mich um Andere kümmere und ihnen helfe (ob nun im Alltag oder im Spiel), mache ich das für vorwiegend für die Anderen.

Eigentlich dachte ich bisher, dass es den meisten "Mamas" und "Papas" im Ageplay hauptsächlich um das Wohl ihrer PartnerInnen ginge.
Wenn ich wüsste, dass eine Frau sich nur deswegen als "Mama" im Spiel kümmern möchte, nur, um für sie selbst etwas damit auszugleichen, hätte ich kein gutes Gefühl bei ihr.

Du schriebst doch selbst weiter oben im Thread, dass es dir als Caregiver um die Bedürfnisse des "Littles" geht. Daher verwirrt mich nun die Aussage von dieser Sexualtherapeutin.
Zuletzt geändert von Freches Mädel am 08.05.2019, insgesamt 1-mal geändert.
Aus einem Garfield Comic Strip:

im TV: "Es gibt auch Katzen, die apportieren."
Garfield schaut und überlegt....
Garfield: "Wir nennen sie Hunde."

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Re: Neue Doku über Ageplay

von Freches Mädel » 08.05.2019

Wieso ist es auch egoistisch, wenn das Umsorgen und Helfen im Vordergrund steht? Das versteh ich jetzt nicht.
Das wird im Video von der Sexual-Therapeutin erklärt: Indem man anderen hilft, erhöht man sich selbst und deswegen macht man es eigentlich für sich.
Ich glaube, es wäre an dieser Stelle noch wichtig zu betonen, dass ich mich da auf den ethischen Egoismus bezogen habe - in dem ganzen Beitrag ging es ja um die ethische Beurteilung von Handlungen. Das ist also gar nicht wertend gemeint, sondern beschreibt nur, dass das Haupthandlungsmotiv im persönlichen Interesse der handelnden Person liegt. Egoismus im ethischen Sinne ist also der Gegenpol zum Utilitarismus, wo nicht der persönliche Eigennutz, sondern der Gesamtnutzen im Vordergrund steht.
Die meisten Menschen handeln doch in einer Beziehung (ob nun mit oder ohne Ageplay....), die auf Vertrauen, Wertschätzung und Liebe basiert , meiner Empfindung nach NICHT ethisch egoistisch, sondern so, dass sich Beide damit wohl fühlen. Daher sehe ich immer noch keinen Zusammenhang.
Aus einem Garfield Comic Strip:

im TV: "Es gibt auch Katzen, die apportieren."
Garfield schaut und überlegt....
Garfield: "Wir nennen sie Hunde."

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Re: Neue Doku über Ageplay

von thomas431 » 08.05.2019

Wenn ICH mich um Andere kümmere und ihnen helfe (ob nun im Alltag oder im Spiel), mache ich das für vorwiegend für die Anderen.

Eigentlich dachte ich bisher, dass es den meisten "Mamas" und "Papas" im Ageplay hauptsächlich um das Wohl ihrer PartnerInnen ginge.
Wenn ich wüsste, dass eine Frau sich nur deswegen als "Mama" im Spiel kümmern möchte, nur, um für sie selbst etwas damit auszugleichen, hätte ich kein gutes Gefühl bei ihr.

Du schriebst doch selbst weiter oben im Thread, dass es dir als Caregiver um die Bedürfnisse des "Littles" geht. Daher verwirrt mich nun die Aussage von dieser Sexualtherapeutin.
Ich sehe das im Prinzip genauso wie Du. Die Erklärung in dem Video finde ich auch nicht ganz passend. Richtig ist aber, daß man selber auch etwas davon hat.
Für mich steht das Wohl der Partnerin und ihre Bedürfnisse komplett im Fokus. Und ich fühle mich wohl, wenn ich sehe, daß es ihr gut geht und sie die Versorgung geniesst. Aber man kann es natürlich so sehen, daß ich es dann letztendlich mache, damit ich mich wohl fühle, selbst wenn es um ihre Bedürfnisse geht.

Und es ist natürlich so, daß ich Dinge mache, die mir gefallen, mit denen ich mich wohlfühle. Ich füttere sie mit einem Fläschchen, natürlich weil sie das mag. Aber ich mag das auch. Ich mag auch das Rascheln der Windel oder liebe das Kuscheln. Für sie, aber auch für mich.

Es wäre ja etwas anderes, wenn ich irgendwas tun würde, was ich eigentlich gar nicht will, sondern nur mache, damit sie sich wohlfühlt.
Das würde ich auch tun, aber es ist nicht vergleichbar. Insofern ist Ageplay natürlich nicht ganz selbstlos, sondern ich mache es auch, weil ich das mag.


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