Ha,
wo bist Du denn darüber gestolpert? Ich bin auch gestern abend darauf aufmerksam geworden und habe zum ersten Mal seit vielleicht einem Jahrzehnt wieder mal so ein File angehört. Damals war das irgendein schlecht produziertes Zeug, vielleicht sogar mit computergenerierter Stimme, was damals, wir erinnern uns, richtig kacke. Hatte es damals dann auch schnell weggeklickt und ist mir erst gestern abend wieder eingefallen.
Denn das war gestern echt eine schräge Erfahrung. Bin auf eine Website gestoßen, die tatsächlich (rein technisch betrachtet) gut produzierten Content hat, habe mir dann in so einer seltsamen Stimmung kurz vor dem Schlafen was angehört und bin eigentlich nur dabei geblieben, weil die ersten paar Minuten sich sehr nach einer Meditation anfühlten, die sich in dem Moment passend anfühlte.
Da war diese "Hypnose" wirklich mal eine schöne Abwechslung zu den Geschichten und ein bisschen, seltsamerweise, auch etwas, das mich wirklich über die Befriedigung hinaus zufrieden zurückgelassen hat. Es ist ja schon komisch: Dass da im Internet jemand seine Stimme aufnimmt, den ich nicht kenne und über den ich zufällig stolpere, und dass ich mich davon dann berührt fühle, das Gefühl habe, dass sich da wirklich um mich und meine Fantasien
sorgt. Oder genauer: Dass ich da an etwas Teil habe, obwohl ich ja nur reglos im Bett liege.
Das ist natürlich Illusion, Kulturindustrie, Aufklärung als Massenbetrug, whatever. Vielleicht mit ASMR vergleichbar über die Verbindung von Immersion und (gespielter, vorgegebene, romantisierter) Unmittelbarkeit. Aber anders als ASMR hat es zumindest gestern wirklich Spaß gemacht. Und anders als, nur um kurz einen anderen Assoziationsraum hier reinzuschleppen, die Aluhüte sehe ich die Sache ja komplizierter: Kulturindustrie ist halt Massenbetrug von dem jeder weiß, dass es Betrug ist.
Für mich hatten die Hypnosefiles einen ähnlichen Effekt wie Geschichten, ließe sich vielleicht mit kleineren Begriffskanonen sagen. Eben ein Eintauchen in eine andere Welt, ein Ausleben von Phantasien in ihrer Eigengesetzlichkeit (wie es die Realität
prinzipiell nicht ermöglicht), ein Tun-Als-Ob. Nur das hier die formalen Elemente etwas anders zusammengesetzt sind: Statt mich in die Geschichte durch eine spanennde Story oder was auch immer zu ziehen, werde ich durch das Gegenteil reingezogen, nämlich dass mir wer erst einmal zehn Minuten erzählt, dass ich entspannen soll, langsam atmen, mich ganz auf das Jetzt konzentrieren. Eben Meditation. Und dann in so einem meditativen Zustand auf einmal Worte zu hören, die etwas mit der eigenen Phantasiewelt machen... schon eine tolle Erfahrung. Eine Art-Metageschichte, ließe sich vielleicht auch sagen, wo etwas in der (gespielten, vermeintlichen, ideologischen) Interaktion entsteht. Wobei, auch Geschichten sind ja interaktiv. Jemand hatte mal vorgeschlagen, Verstehen überhaupt als nicht aktiv, passiv, sondern als medial zu begreifen, orientiert an der (mittlerweile kulturell weitgehend verschütteten, offensichtlich trotzdem wirksamen) Vorstellung des Lesens der Bibel nicht als ein "Ich lese die Bibel" (und erschließe sie mir als Individuum) oder "Die Bibel wird gelesen" (und nehme so im Verstehen nur Teil am Offenbarungsgeschehen) sondern als ein Etwas-Geschieht, ein Dazwischen zu begreifen: "Die Bibel macht etwas mit mir." So ganz erinnere ich das nicht mehr. Ist ja auch egal, worauf ich nur herauswollte, was ich mit diesen Abschweifungen assoziativ fassen wollte: Diese Hypnosesache hat mich daran erinnert, weil es eben so ein seltsames Dazwischen-Sein ist.
Wird sich wohl leider auch nicht beliebig wiederholen lassen. Wie immer
. Werd's die Tage trotzdem noch einmal ausprobieren. Worüber bist Du denn gestolpert, baerschen, und was sind deine Gedanken dazu?