Müssen Caregiver erfahren sein? Littles auch?

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baerschen
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Müssen Caregiver erfahren sein? Littles auch?

von baerschen » 11.11.2021

Huhu,

seit einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass sehr oft (besonders bei Kontaktanzeigen, aber auch anderswo) die Erfahrung als Caregiver oder auch als Little sehr hoch gehalten wird. Dabei stellen sich mir ein paar Fragen:

Ich bin ja mehr der Kleine, aber habe bisher nur sehr wenig aktiv ge-ageplay-t. Aber ich denke, dass man im Littlespace eher komplett jeden Leistungsgedanken - oder Sorge um Anerkennung zurückstellen möchte, ja dass dies eine ziemlich zentrale Motivation fürs „Littlen“ sein kann. Seht ihr das auch so, und wenn ja, wie geht ihr damit um?

Außerdem frage ich mich, ob es potentielle oder aktive Caregiver nicht ganz schön verunsichern kann, sich zu fragen, ob man auch „gut genug“ ist. Ich hab auch schon verzweifelte CGs erlebt, die von ihren Littles in die Wüste geschickt wurden… oder die sogar das Caregiversein aufgegeben haben, weil sie sich nicht gut genug dabei vorkamen. Wie geht es euch als CG damit? Habt ihr sowas auch erlebt oder gehört? Wie geht ihr als Little damit um?

Das soll es erstmal gewesen sein. Wenn mir noch andere Fragen einfallen, reiche ich sie nach. Und wenn ihr Fragen habt, würd ich mich freuen, wenn ihr sie einbringt.

Lg Micha
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Re: Müssen Caregiver erfahren sein? Littles auch?

von Rexter » 11.11.2021

Naja das Problem dabei ist ja, dass man Erfahrung ja erst sammeln muss.

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Chichibi
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Re: Müssen Caregiver erfahren sein? Littles auch?

von Chichibi » 12.11.2021

Ja, dass ein CG (oder im BDSM ein Dom) erfahren sein soll, habe ich auch schon oft gelesen. Dass Erfahrung bei den Littles (oder Subs) vorhanden sein soll, habe ich bisher kaum gelesen. Aber vielleicht habe ich das auch immer übersehen.
Aber ich denke, dass man im Littlespace eher komplett jeden Leistungsgedanken - oder Sorge um Anerkennung zurückstellen möchte, ja dass dies eine ziemlich zentrale Motivation fürs „Littlen“ sein kann. Seht ihr das auch so, und wenn ja, wie geht ihr damit um?
Sehe ich auch so. Aber wenn Erfahrung vorausgesetzt wird, bedeutet das ja nicht zwangsläufig, dass Erwartungen erfüllt werden müssen. Sondern es kann ja auch heißen, dass ein Little sich schon selbst gefunden hat und weiß, was es mag. Das ist dann natürlich auch für den CG einfacher abzuschätzen, ob seine Vorstellungen damit harmonieren.

Meine Angst, nicht gut genug zu sein, kommt eher daher, dass ich Angst habe, nicht niedlich genug zu sein, zu schüchtern, zu verschlossen. Dass ich nicht diese Jugendliche Unbeschwertheit ausstrahle. Oder dass ich mit meinen Mitte 30 nicht mehr kindlich genug aussehe. Ich habe Erfahrung, aber eben deswegen habe ich oft Angst, dass ich nicht „gut genug“ bin. Weil ich Angst habe, nicht dem Bild zu besprechen, von dem ich fürchte, dass es viele haben. (Diese Angst hat sich bisher nie als begründet bestätigt. Das sind einfach meine grundlegenden Selbstzweifel.)

Ich hab auch schon verzweifelte CGs erlebt, die von ihren Littles in die Wüste geschickt wurden… oder die sogar das Caregiversein aufgegeben haben, weil sie sich nicht gut genug dabei vorkamen.
Sowas habe ich bisher nur am Rande miterlebt. So wie Erfahrungen mit toxischen Littles, die dann ganz viel von ihrem CG fordern - und eben auch mit Sprüchen kommen wie „Du musst das tun, sonst bist du kein guter CG“. Mich macht das wahnsinnig traurig. Caregiver haben so ein gutes Herz und sie wollen und Kleine einfach nur glücklich machen. Leider laufen einige dann Gefahr, auch auch selbst zu vergessen. Ich glaube, dieses Problem wird auch viel zu wenig thematisiert. Man ist kein schlechter CG, nur weil er auf die eigenen Bedürfnisse achtet. Ganz im Gegenteil. Und es ist normal und menschlich, dass man nicht immer alles perfekt hinbekommt.

Welche Erfahrung ich aber auch gemacht habe ist, dass viele CG am Anfang erst mal unsicher sind. Sie wissen nicht genau, was sich ihr Little wünscht und wie sie am besten auf sie eingehen können. Ich habe aber den Eindruck, dass das oft unbegründet ist und das Little an ihrer Seite durchaus sehr glücklich sind.

Ich denke, was in jedem Fall immer hilft ist Austausch mit anderen. Jeder CG hat mal irgendwie angefangen und vermutlich die meisten hatten irgendwelche Zweifel am Anfang. So wie viele Littles erst mal viele Scham-Gefühle hatten, dass sie sowas wie Schnuller oder Kinderfilme mögen. Wenn man dann erst mal mitbekommt, dass es anderen ganz ähnlich ging, ist vieles leichter.
Zuletzt geändert von baerschen am 13.11.2021, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Müssen Caregiver erfahren sein? Littles auch?

von Papi&seinePrinzessin » 12.11.2021

Hallo,
das ist mal eine echt interessante Frage.
Ich glaube aber, daß sie nicht pauschal beantwortet werden kann.

Dass Littles Erfahrung als Littles haben sollten, halte ich aber für komplett absurd.
Es gibt ja erstmal gar keine festen Regeln, was ein Little braucht, um glücklich zu sein und das ist individuell.
Und vor allem geht es ja um Abgabe von Verantwortung und Kontrolle an den Caregiver. Er muss wissen, was gut und was nicht gut ist.
Mir ist die Frage, ob ein Little Erfahrung hat auch noch nie so begegnet, andersherum natürlich schon.

Wenn jemand seine Little-Seite erforschen will oder besonders viel Sicherheit braucht, ist es sicherlich hilfreich, einen Caregiver zu haben, der weiß, was er tut und in jeder Situation Sicherheit ausstrahlen kann, so daß das Little sich fallenlassen kann und sicher sein kann, daß ihm nichts passiert und das der CG für sich selber sorgt.
Also ein erwachsener Partner ist.
Ich glaube aber nicht, daß das unbedingt notwendig ist und eben auch verunsichern kann. Man kommt sicherlich schwerer in den Littlespace, wenn man sich ständig fragen muss, ob man es richtig macht und ob irgendwelche Erwartungen erfüllt werden müssen. Und das würde ja genau dem Sinn des Littlespace widersprechen.

Deswegen glaube ich, daß es durchaus Littles gibt, die einen erfahrenen CG möchten oder brauchen, es für andere aber keine so große Rolle spielt und vielleicht sogar hinderlich ist.

Jemand mit Erfahrung hat sich ja auch schon vieles zurechtgelegt, wie er in bestimmten Situationen reagier, was für Erwartungen er vielleicht tatsächlich hat und sowas.
Und da jeder den Littlespace anders erlebt und andere Bedürfnisse hat, ist das Fehlen von Erfahrung auch eine Möglichkeit, offener auf die Dynamik einzugehen und neue Dinge zu erforschen oder gemeinsam neue Erfahrungen zu machen.
Daher hängt es aus meiner Sicht eher mit der Paardynamik zusammen, was für beide das beste ist.
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Re: Müssen Caregiver erfahren sein? Littles auch?

von Swan » 13.11.2021

Sowas habe ich bisher nur am Rande miterlebt. So wie Erfahrungen mit toxischen Littles, die dann ganz viel von ihrem CG fordern - und eben auch mit Sprüchen kommen wie „Du musst das tun, sonst bist du kein guter CG“. Mich macht das wahnsinnig traurig. Caregiver haben so ein gutes Herz und sie wollen und Kleine einfach nur glücklich machen. Leider laufen einige dann Gefahr, auch auch selbst zu vergessen. Ich glaube, dieses Problem wird auch viel zu wenig thematisiert. Man ist kein schlechter CG, nur weil er auf die eigenen Bedürfnisse achtet. Ganz im Gegenteil. Und es ist normal und menschlich, dass man nicht immer alles perfekt hinbekommt.
Ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger Punkt: Als Caregiver fühle ich mich für mein Little, aber auch für die Beziehung und für mich selbst verantwortlich. Die eigentliche Kernaufgabe ist es daher, nicht nur das Little glücklich zu machen, sonden eine gesunde Balance zwischen den Bedürfnissen des Little und den eigenen zu finden. Wenn Bedürfnisse systematisch unerfüllt sind, wirkt das destruktiv auf die gemeinsame Beziehung, und in der Folge wird das Wohlbefinden beider Beziehungspartner leiden - egal auf welcher Seite der Mangel ursprünglich entstand. Erfahrung im Umgang mit sich und seinen eigenen Bedürfnissen sowie im Gestalten und Führen einer Beziehung helfen natürlich dabei, diese CG-Aufgabe erfolgreich wahrzunehmen.
Welche Erfahrung ich aber auch gemacht habe ist, dass viele CG am Anfang erst mal unsicher sind. Sie wissen nicht genau, was sich ihr Little wünscht und wie sie am besten auf sie eingehen können. Ich habe aber den Eindruck, dass das oft unbegründet ist und das Little an ihrer Seite durchaus sehr glücklich sind.

Um wirklich ein guter Caregiver für ein little zu sein, muss man aus meiner Sicht lernwillig und lernfähig sein, nicht nur zu Beginn, sondern über den gesamten Zeitraum der Beziehung. Das Leben verändert sich, wir als Personen verändern uns. Wenn du als CG wirksam sein und bleiben willst, musst du lernen, mit diesen Veränderungen umzugehen, musst du lernen, wie du dein Little, dich selbst und die Beziehung unter den immer wieder neuen Bedingungen auf einen glücklichen Weg führen kannst. Ich mag das sehr, weil es eine permanente Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit bedeutet. Ein Little sollte deshalb aber unbedingt auch seinen CG in dessen Lern- und Entwicklungsprozess unterstützen (nicht nur andersherum!). Genau wie manche CGs und Daddys sich für KingDingeling halten und meinen, einfach per Rollendefinition perfekt zu sein und keiner Entwicklung zu bedürfen, haben manche Littles den impliziten Anspruch, dass ihr CG / Daddy von Beginn an 100% kompatibel ist, keine Fehler macht, sich immer richtig verhält und jeden ungeäußerten Wunsch erfüllt, so dass sie ohne eigenes Zutun glücklich gemacht werden. Beide Einstellungen sorgen spätestens perspektivisch dafür, dass Bedürfnisse unerfüllt sind und die Cg/L-Beziehung toxisch wird.

Ich meine, dass Erfahrungen, insbesondere beim Caregiver / Daddy, für eine gelingende Cg/L-Beziehung auf jeden Fall sehr hilfreich sind, aber sie sind keine notwendige Voraussetzung, da jede Beziehung eine ganz individuelle Reise ist. Notwendige Voraussetzung ist deshalb vielmehr, dass sich beide auf einen gemeinsamen Gestaltungs- und Entwicklungsprozess committen und sich darin gegenseitig unterstützen.
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Re: Müssen Caregiver erfahren sein? Littles auch?

von Drachenkind » 14.11.2021

Ich finde persönlich, dass es durchaus Verantwortung und Aufgabe des Littles ist, sich mit Ideen, Vorstellungen, Wünschen und auch Grenzen aktiv auseinander zu setzen und diese zu reflektieren und das dann an einen CG heranzutragen und mit ihm zu besprechen und auszuhandeln.
Deswegen irritieren mich diese Anforderungen an "Erfahrung" immer. Jedes Little ist individuell, alle CG's sind individuell. Erfahrung mit einem Little lässt sich nicht unbedingt auf ein anderes Little übertragen und kann den individuellen Aushandlungsprozess zwischen den beiden Parteien nie ersetzen.
Eigenschaften wie Empathie, Offenheit, Selbstreflektion und Wunsch nach persönlichem und gemeinsamen Wachstum sind Eigenschaften, die für mich immer um Längen wichtiger sind als "Erfahrung". Ohne diese ist nämlich auch "Erfahrung" wertlos, denn dann besteht die Gefahr, dass diese auf weitere Littles verallgemeinert wird.
Wenn Erfahrung eher allgemein als Lebenserfahrung, Reflektiertheit und Kommunikationskompetenz verstanden wird, dann würde ich schon eher mitgehen. Ich persönlich habe schon viele CG's gesehen und erlebt, die ohne explizite Erfahrung im CGL (für mich) deutlich bessere CG's abgegeben haben als Menschen mit sehr viel vorheriger Erfahrung - weil sie die o.g. Eigenschaften mitbrachten.

Ich stimme da @chichibi und @swan zu, dass viele Littles ihre eigenen Verantwortungen an eine Beziehung da oft nicht wirklich sehen (wollen) und deswegen überhöhte Ansprüche an CG's stellen.
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