von Thias » 12.11.2022
Ich war vor einigen Jahren mal auf einer privaten Kuschelparty und fand es ganz toll. (Wenn ich nochmal die Gelegenheit hätte, wäre ich sofort wieder dabei, aber irgendwie habe ich seitdem von keiner mehr mitbekommen.)
Die Gastgeberin, eine Studentin aus dem erweiterten Bekanntenkreis, hatte zu sich nach Hause in die WG eingeladen. Es waren etwa 15 Personen da, darunter auch zwei weitere Mitbewohner. Man war angehalten selbst eine Decke/Yogamatte und ggf. ein Sofakissen mitbringen und zusammen mit den Sachen aus der WG war genug vorhanden, um das Wohnzimmer in ein riesiges, gemütliches Kissenparadies zu verwandeln.
Los ging es aber ganz normal in der Küche bei Snacks und Getränken. Man hat sich wie bei einer normalen Party unterhalten und schon mal geschaut, welche anderen Gäste man sympathisch findet. Später am Abend haben wir uns dann geschlossen in das Wohnzimmer bewegt und es uns auf dem Boden im Raum mit Kissen und Decken gemütlich gemacht. Die Gastgeberin hat dann bei gedimmtem Licht so eine Art Tantra-Meditationsübung mit uns abgehalten, der ich zwar inhaltlich nicht allzu viel abgewinnen konnte (mit Esoterik kann ich wenig anfangen), aber sie hat so eine sehr ruhige und andächtige Stimmung geschaffen. Außerdem haben wir dabei ganz behutsam angefangen Körperkontakt aufzunehmen - denn man sollte sich zwischendurch bei den Händen fassen oder sich mit einer anderen Person Rücken an Rücken hinsetzen. Diese Übung ging dann ganz behutsam in den freien Kuschelteil über, wo die Leute je nach Sympathie und Vertrautheit interagieren konnten. Manche lagen in Löffelchenstellung nebeneinander, saßen aneinander geschmiegt im Schneidersitz eng beisammen, haben sich Rückenmassagen gegeben, umarmt, gestreichelt und gekrault oder auch einfach nur Hände gehalten.
Es lag wahrscheinlich an der sorgsamen Auswahl der Teilnehmenden, aber ich hatte zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, dass irgendjemand übergriffig geworden wäre oder eine Berührung intimer ausgefallen wäre als das beide Seiten wollten. Stattdessen sind alle Leute eigentlich sehr respektvoll miteinander umgegangen sind und haben gerade am Anfang fast eine Spur zu oft gefragt, ob nun diese oder jene Berührung ok ist. Es war übrigens niemand gezwungen mit irgendwem zu interagieren und die meisten Kontakte entsprachen von der Intimität her wohl einem Tanzkurs.
Ich fand den Abend also wunderschön. Einfach nur mal für ein paar Minuten am Unterarm gekrault zu werden war so ein herrliches Gefühl, dass ich direkt eine Gänsehaut bekommen habe. Als Dauersingle sind Streicheleinheiten und zärtliche Berührungen für mich nämlich wirklich nicht alltäglich. Das ist es, was mir im Alltag am meisten fehlt und was das Alleinsein phasenweise in das Gefühl erdrückender Einsamkeit umschlagen lässt. Insofern finde ich das Konzept Kuschelparty wirklich toll.
Wir glauben Erfahrungen zu machen, aber die Erfahrungen machen uns (Eugène Ionesco)